+ Buchveröffentlichung: Mein Leben mit dem Migrationsvorderund +++
„Beteiligt euch am gesellschaftlichen Leben!“: Musadir Basak liest aus seinem Buch „Mein Leben mit Migrationsvordergrund“
Der Autor Musadir Basak wurde in einem kleinen Dorf im Südosten der Türkei geboren. Er gehört der ethnischen Minderheit der Eziden an und ist gebürtiger Kurde. Erfahrungen von politischer und religiöser Verfolgung und Unterdrückung gehörten zum Alltag seiner Kindheit. Aufgrund von Kämpfen zwischen der kurdischen PKK und türkischen Streitkräften und Paramilitärs entschloss sich die Familie 1988 zur Flucht nach Deutschland. In seinem Buch gibt er einen Einblick in seine kulturellen und religiösen Wurzeln und die Fluchtgeschichte der Familie. Vor allem aber möchte er Mut machen, indem er beschreibt, wie er seinen Platz in der Gesellschaft in Biedenkopf gefunden hat. Heute lebt er mit Frau und Kindern in Wallau, arbeitet als selbständiger Unternehmer einer Versicherungsagentur und ist angestellt beim Landkreis Marburg-Biedenkopf.
Bericht über die Lesung vom 14.03.2024 in der Lahntalschule in Biedenkopf
"Nie das Ziel aus den Augen verlieren und nicht aufgeben“: Der Autor Musadir Basak hat in Biedenkopf aus seinem Werk gelesen und über seine Integrationsgeschichte gesprochen.
BIEDENKOPF | DEKANAT. „Das Leben war schön, aber wir hatten keinen Frieden.“ Mit diesen Worten hat der in Wallau lebende Autor Musadir Basak seine Kindheit im Südosten der Türkei beschrieben. Die jesidische Familie musste fliehen: „Es ging ums nackte Überleben“, berichte Basak bei einer Lesung aus seinem Buch „Mein Leben mit Migrationsvordergrund“ in Biedenkopf.
Als jesidische Familie hätten sie zu einer Minderheit gehörten, die diskriminiert, gedemütigt und verfolgt wurde. „Irgendwann musst du dich entscheiden, ob du leben willst oder im Gefängnis landen“, zitierte er seinen Vater. Aufgeteilt in drei Gruppen flüchtete die Familie im Jahr 1988: „Es ging ums nackte Überleben“, beschreibt er die Situation. Nach mehreren Stationen kam die Familie in Wallau an, wo sie nach längerer Trennung in einem Haus gemeinsam leben konnte.
Basak: „Vereinssport ist eine großartige Chance für die Integration“
Dort habe sich die Familie von Anfang gut aufgenommen gefühlt: Sie bekam vielfältige Unterstützung, etwa beim Deutschunterricht, schilderte er. Musadir Basaks Weg führte schnell in den Fußballverein, wo er Anschluss zu anderen Kindern fand. Im Vereinssport sehe er „eine großartige Chance für die Integration“, unterstrich Basak, der auch von seiner nicht immer einfachen Schulzeit erzählte. Jungen Geflüchteten gab den Rat mit, das Ziel nie aus den Augen zu verlieren und trotz aller Hürden nicht aufzugeben: „Beteiligt Euch am gesellschaftlichen Leben und bringt euch ehrenamtlich ein“, appellierte er an Geflüchtete.
Grundvoraussetzung für eine gelingende Integration sei die Bereitschaft, dies überhaupt zu wollen. Es gehe nicht um Assimilation, aber das Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und die Akzeptanz von gesellschaftlichen Werten und Traditionen sei unbedingt notwendig, betonte der Autor, der heute in Kreisverwaltung arbeitet, eine Finanzagentur betreibt und Vorsitzender der Integrationskommission Biedenkopf ist.
„Wir haben hier so viel Gutes erfahren“
Nachdenklich berichtete er, dass die Erinnerungen aus der Kindheit, das plötzliche Verlassen der Heimat sowie die Unsicherheit und Angst, bleiben zu können, ihn lange begleitet hätten. Dennoch sprach er mit großer Dankbarkeit und Demut von seinem Weg und dem Leben in Deutschland. „Wir haben hier so viel Gutes erfahren und können in Ruhe und Frieden leben“, sagte er. Deshalb sehe er es als seine Pflicht, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Er und seine ganze Familie sind in vielen Vereinen und Verbänden aktiv. Soziales Engagement sei für sie selbstverständlich, erklärte Basak.
Besonders die Informationen zum Jessidentum waren für viele die Gäste neu. Mit Betroffenheit nahmen sie die Berichte über die Verfolgung die wiederholten Genozide an den Jessiden wahr. Trotz Verfolgung und Flucht ließ Basak keinerlei Bitterkeit oder Groll erkennen, vielmehr beeindruckte die mehrfach geäußerte tiefe Dankbarkeit sein Publikum.
Martina Berckhemer, Musadir Basak und Timo Uhlenbrock während der Lesung aus dem Buch „Mein Leben mit Migrationsvordergrund“.
Musikalisch begleitete Timo Uhlenbrock den Abend von. Der Singer-/Songwriter aus Marburg ließ mit seinen Gitarrenstücken die Lesung nachklingen und das Gehörte wirken. Martina Berckhemer von der VHS und Marion Schmidt-Biber vom Dekanat konnten unter den Zuhörerinnen und Zuhörern auch den Biedenkopfer Bürgermeister Jochen Achenbach und Ortsvorsteher Heinz Olbert begrüßen. Mit Nachfragen und angeregten Gesprächen ging ein informativer, spannender und berührender Abend zu Ende. Quelle:Text und Fotos: Marion Schmidt-Biber Dekanat Biedenkopf-Gladenbach